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Konservative Orthopädie

Hexenschuss, Bandscheibenvorfall oder Ischialgie?

Chefarzt Dr. Stefan Nolte erklärt den Unterschied zwischen den Rückenbeschwerden

Wer schon einmal mit starken Rückenschmerzen zu kämpfen hatte, kennt die Begriffe Bandscheibenvorfall, Ischialgie und Hexenschuss nur zu gut. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen schmerzhaften Zuständen? In einem Gespräch mit Hellersen Insight erklärt Dr. Stefan Nolte, Chefarzt der Konservativen Orthopädie im Deutschen Wirbelsäulen- und Skoliosezentrum, den Unterschied zwischen diesen häufigen Rückenbeschwerden.

Foto: Anna Bizon | freepik.com

Video: Hexenschuss, Bandscheibenvorfall oder Ischialgie

Der Bandscheibenvorfall – Der Schmerz, der aus der Wirbelsäule kommt

Die Bandscheiben sind die flexiblen Polster der Wirbelsäule, die zwischen den einzelnen Wirbelkörpern liegen. Sie sorgen für Beweglichkeit und wirken als Stoßdämpfer bei alltäglichen Bewegungen. Eine Bandscheibe besteht aus zwei Teilen: dem stabilen äußeren Faserring und dem weichen, elastischen Kern. Der Faserring schützt die Bandscheibe und hält die Form, während der knorpelige Kern dafür sorgt, dass die Wirbelsäule ihre Flexibilität behält.

Ein Bandscheibenvorfall entsteht, wenn der weiche Kern einer Bandscheibe durch einen Riss im äußeren Faserring hervortritt. „Dieser Bandscheibenvorfall ist in der Regel schmerzhaft, weil der austretende Kern Kontakt mit den umliegenden Nervenwurzeln hat und eine Entzündung auslöst“, erklärt Dr. Stefan Nolte. Das Gewebe des Kerns der Bandscheibe ist dabei sehr aggressiv und entzündungsfördernd.

Bei einem Bandscheibenvorfall tritt der weiche Kern der Bandscheibe durch einen Riss im Faserring hervor

Die Ischialgie – Wenn der Ischiasnerv entzündet ist

Ischialgie bedeutet wörtlich „Schmerz im Verlauf des Ischiasnervs“. Dieser Nerv zieht vom unteren Rücken bis ins Bein und kann bei einer Entzündung zu sehr starken Schmerzen führen. Der Ischiasnerv selbst wird von sechs Nervenwurzeln gebildet – fünf stammen aus der Lendenwirbelsäule, der sechste ist der erste Sakralnerv. Diese Wurzeln bündeln sich zu einem Nervenstrang, dem Ischiasnerv. Ein häufiger Auslöser für die Entzündung dieses Nervs ist ein Bandscheibenvorfall, bei dem der Bandscheibenkern auf eine der Nervenwurzeln drückt und dort die Entzündung hervorruft.

Dr. Stefan Nolte erläutert: „Wenn der Bandscheibenkern hervortritt und Kontakt zu einer der Nervenwurzeln hat, verursacht dies eine starke Entzündung, die den Schmerz auslöst. Der Schmerz kann, je nachdem, welche Nervenwurzel betroffen ist, an unterschiedliche Stellen im Bein ausstrahlen, wie zum Beispiel in den Oberschenkel, das Gesäß oder sogar bis in den Fuß.“

„Zu Beginn setzen wir meist konservative Maßnahmen ein, um die Entzündung direkt am Bandscheibenvorfall zu behandeln.“

Dr. Stefan Nolte
Chefarzt der Konservativen Orthopädie

Die Behandlung der Ischialgie zielt darauf ab, die Entzündung am betroffenen Nerv zu bekämpfen und so den Schmerz zu lindern. „Zu Beginn setzen wir meist konservative Maßnahmen ein, um die Entzündung direkt am Bandscheibenvorfall zu behandeln“, erklärt Dr. Stefan Nolte. Dies kann durch gezielte Injektionen erfolgen, die entzündungshemmende Medikamente wie Cortison mit einem Betäubungsmittel enthalten. Ziel dieser Therapie ist es, die Entzündung zu reduzieren, sodass der Nerv sich erholen kann und die Schmerzen abklingen.

Schutzreflex bedingte Fehlhaltung (Hexenschuss)

„Manche Patienten verwechseln den Hexenschuss mit einem Bandscheibenvorfall, aber es ist nicht das Gleiche.“

Dr. Stefan Nolte
Chefarzt der Konservativen Orthopädie

Der Hexenschuss Ein Schutzreflex des Körpers

Ein Hexenschuss macht sich durch einen akuten, plötzlich auftretenden Schmerz im Rücken bemerkbar. Anders als bei einem Bandscheibenvorfall handelt es sich hierbei in der Regel um einen Schutzreflex des Körpers. „Der Körper reagiert auf eine Mikroverletzung der Bandscheibe mit einem starken Muskelkrampf, um das betroffene Segment der Wirbelsäule zu stabilisieren und vor weiteren Schäden zu schützen“, erklärt Dr. Stefan Nolte. Dieser Krampf ist schmerzhaft und kann das Bewegen nahezu unmöglich machen.

„Manche Patienten verwechseln den Hexenschuss mit einem Bandscheibenvorfall, aber es ist nicht das Gleiche. Ein Hexenschuss kann durch eine Mikroverletzung der Bandscheibe verursacht werden und muss nicht zwingend zu einem Vorfall führen“, erklärt der Chefarzt. In vielen Fällen heilt ein Hexenschuss von selbst aus, jedoch kann eine gezielte Behandlung helfen, die Schmerzen schneller zu lindern.